Technologischer Meilenstein aus Sachsen veränderte den Druckmaschinenbau 50 Jahre Bogenoffsetmaschinen in Aggregatbauweise aus Radebeul

Noch vor rund 50 Jahren mussten die meisten Farbdrucke in mehreren Durchgängen hergestellt werden. Zum einen standen überwiegend nur Ein- oder Zweifarbenmaschinen zur Verfügung, zum anderen erforderten die Drucke technologisch bedingt bis zu zwölf Farben. Die Durchsetzung der „kurzen“ Farbskala (BCMY) im Offsetdruck ermöglichte zwar eine rationellere Produktion auf den verstärkt angebotenen Vierfarbenmaschinen. Diese waren damals aber eine Kombination aus zwei Zweifarben-Maschinen in Tandembauweise nach dem 5-Zylinder-Prinzip.

Daraus resultierten drucktechnologische Unzulänglichkeiten, denn je zwei Druckwerke benutzten einen gemeinsamen Gegendruckzylinder. Für die Druckmaschinenproduzenten bedeutete dieses Konstruktionsprinzip – insbesondere bei großformatigen Maschinen – ebenfalls einen enormen Aufwand. Nach Montage und Drucktest im Herstellerwerk mussten die Maschinen wieder weitgehend zerlegt und beim Kunden ein zweites Mal aus vielen Einzelteilen aufgebaut werden.  

1965: Paukenschlag auf der Leipziger Frühjahrsmesse

Bei den Konstrukteuren der Planeta-Druckmaschinenwerke (seit 2001 als KBA-Werk Radebeul ein Teil der KBA-Gruppe) reifte deshalb schon Anfang der 1960er-Jahre der Gedanke, eine Maschine ohne diese gravierenden Nachteile zu bauen. Mit der Planeta Variant P4 (3b-Format) begann auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1965 der Übergang von der Tandem- zur heute dominierenden Aggregatbauweise für Bogenoffsetmaschinen. Nur zwei Jahre später wurde diese zukunftsorientierte Bauweise auch für die Großformatanlagen aus Radebeul übernommen. Diese Weltneuheit aus Sachsen war vor 50 Jahren einer der technologischen Meilensteine, die den Bogenmaschinenbau grundlegend veränderten und heute herstellerübergreifend prägen.  

Vorteile der Aggregatbauweise

Bei der Aggregatbauweise handelte es sich um ein vollkommen neues und damals revolutionäres Maschinenkonzept nach dem 3-Zylinder-Prinzip. Erstmals waren die einzelnen Bauteile und die drucktechnischen Eigenschaften in jedem Druckwerk identisch. Dadurch ergaben sich eine Reihe von Vorteilen, die für alle Nachfolgemodelle der Planeta Variant bis zu den hochmodernen KBA Rapidas von heute gelten:

  • Hohe Variabilität bei der Maschinenkonfiguration für die Bedürfnisse der Druckerei 
  • Deutliche Reduzierung der Teilevielfalt bei der Herstellung der Maschine
  • Kurze Montagezeit beim Kunden durch Versand komplett montierter Aggregate
  • Passerhaltigkeit im Druck durch ein überlegenes Antriebskonzept
  • Schonender Bogenlauf aufgrund der erstmals doppelt großen Druckzylinder und Übergabetrommeln
  • Geringe Anzahl an Bogenübergabestellen zwischen den Druckwerken
  • Extrem punktscharfer Ausdruck gegenüber anderen Maschinen.

Auch die umstellbare Bogenwendung für den Schön- und Widerdruck in einem Bogenlauf (Planeta-Patent aus dem Jahr 1967) basiert auf der Aggregatbauweise. Während es bei der Tandembauweise nur möglich war, dem ersten Druckwerk ein Eindruckwerk voranzustellen, ist die Bogenwendung bei den Aggregat-Maschinen an jeder gewünschten Stelle möglich. Damit wurden schon damals die Voraussetzungen für die heutigen Acht-, Zehn- oder Zwölfwerkemaschinen für die 4 über 4-, 5 über 5-, bzw. 6 über 6-Produktion geschaffen, ebenso für andere Spezial-Konfigurationen.    

Neue Technik schafft neue Möglichkeiten

Den Druckern eröffneten sich durch die neue Technik mit doppeltgroßen Zylindersystemen völlig neue Möglichkeiten hinsichtlich Druckqualität und Bedruckstoff-Flexibilität. Gerade für Kartonagendrucker brachte der schlanke, krümmungsarme Bogenlauf deutliche Vorteile. Entsprechend früh kamen die Variants und Varimats aus Radebeul in vielen Verpackungsbetrieben weltweit zum Einsatz. Damit wurde schon vor einem halben Jahrhundert der Grundstein für die führende Stellung der sächsischen Druckmaschinenbauer im Faltschachteldruck gelegt, die auch für die modernen Hochleistungs-Rapidas von heute gilt. KBA Rapida-Anlagen sind erste Wahl beim Druck schwerer Kartonagen, beim Bedrucken von Bierfilzen oder Wellpappe. Darüber hinaus kommen die großformatigen Rapida-Druckwerke auch bei Blechdruckmaschinen der KBA Metalstar-Baureihe zum Einsatz. Nicht ohne Grund ist KBA im großformatigen Verpackungsdruck Weltmarktführer. Die Aggregatbauweise bewährt sich bei KBA bis ins Super-Großformat 150 x 205 cm mit der im Jahr 2004 vorgestellten Rapida 205 als weltgrößte Bogenoffsetmaschine.  

Die Aggregat-Reihenbauweise war auch die Voraussetzung für die flexible Integration von Lack-, Trocken- und anderen Veredelungswerken in immer länger werdende Maschinen. Mit immenser Flexibilität hinsichtlich der Druck- und Veredelungsaggregate in Bogenoffsetmaschinen wie sie heute zum Standard gehören. Die Bogenoffsetmaschine werden seitdem immer länger. Eine KBA Rapida 106 in der Schweiz mit 19 Druck- und Veredelungswerken hält auch hier den Weltrekord.  

Die Grundideen gelten bis heute

Natürlich wurden die Basiserfindungen in den letzten 50 Jahren immer wieder überarbeitet und auf den aktuellen Stand der Technik gebracht. Die an den Rapidas heute üblichen Fortdruckleistungen von bis zu 20.000 Bogen/h und die weitgehende Automatisierung der Druck- und Rüstprozesse waren in den 1960er-Jahren noch undenkbar. So war die Planeta Variant P4 für 10.000 Bogen/h konzipiert und im Dauerbetrieb für 8.000 Bogen/h zugelassen, also nicht einmal halb so schnell wie die KBA Rapida 106. Dieser Geschwindigkeits- und Rüstzeitweltmeister im Mittelformat erlaubt sogar den fliegenden Auftragswechsel (Flying JobChange) ohne Anhalten der Maschine.  

Alle führenden Druckmaschinenhersteller setzen heute die Aggregatbauweise mit den üblichen Modifikationen in ihren Bogenoffsetmaschinen ein. Dabei wird in unserer schnelllebigen Zeit zuweilen vergessen, dass pfiffige Konstrukteure aus Sachsen die Grundidee hatten und es oft Jahrzehnte dauerte, bis andere diese übernahmen. Das ist in der Technikgeschichte aber häufig so.  

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Martin Dänhardt
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